Fußabdrücke in Bolivien geben Hinweise auf Verhalten von Dinosauriern | Weather.com
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Fußabdrücke in Bolivien geben Hinweise auf Verhalten von Dinosauriern

Tausende fossile Spuren in einem bolivianischen Nationalpark sind in den vergangenen Jahren systematisch untersucht worden.

Paläontologen, die meisten von ihnen von der Loma Linda University in Kalifornien, haben im bolivianischen Hochland etwa 16.600 fossile Fußabdrücke von Theropoden dokumentiert. AP Photo/Juan Karita
Paläontologen, die meisten von ihnen von der Loma Linda University in Kalifornien, haben im bolivianischen Hochland etwa 16.600 fossile Fußabdrücke von Theropoden dokumentiert.
(AP Photo/Juan Karita)

Eine Legende besagte einst, die Abdrücke würden von übernatürlichen Monstern stammen, die ihre Krallen sogar in festen Steinboden versenken könnten. In den 60er Jahren sahen sich Wissenschaftler die Spuren dann genauer an. Seitdem ist klar, dass sich vor vielen Millionen Jahren zweibeinige Dinosaurier in der Region in den Anden getummelt haben. In einem Fachartikel hat ein Forscherteam jetzt neue Erkenntnisse zu den Spuren veröffentlicht.

Paläontologen, die meisten von ihnen von der Loma Linda University in Kalifornien, haben im bolivianischen Hochland etwa 16.600 fossile Fußabdrücke von Theropoden dokumentiert - das ist die Gruppe von Dinosauriern, zu der auch der Tyrannosaurus Rex gehört. Sechs Jahre lang kamen sie dafür immer wieder in das Gebiet nahe der heutigen Ortschaft Torotoro. Die Ergebnisse ihrer Forschungen stellten sie vergangene Woche in der Zeitschrift "Plos One" vor.

Etliche paläontologische «Rekorde»

An keinem anderen Ort der Welt gebe es so viele Fußabdrücke von Theropoden, sagt Roberto Biaggi, einer der Autoren der Studie, die von dem Spanier Raúl Esperante geleitet wurde. In dem Nationalpark in Bolivien gebe es in dieser Hinsicht etliche "Weltrekorde". Laut Angaben in der Studie befinden sich 1.378 der Abdrücke mit drei Zehen in ehemaligen Seebodensedimenten. Dies könne darauf hindeuten, dass die Dinosaurier auch zu schwimmen versucht hätten, heißt es.

"Der Erhaltungszustand vieler der Spuren ist hervorragend", sagt Richard Butler, ein Paläontologe von der Universität Birmingham, der nicht an dem Forschungsprojekt beteiligt war. Und auch ihm sei kein anderer Ort bekannt, an dem so viele Fußabdrücke dokumentiert worden sind. Die Funde in Bolivien seien "ein bemerkenswertes Fenster in das Leben und Verhalten von Dinosauriern am Ende der Kreidezeit", fügt er hinzu.

Die Kreidezeit endete vor etwa 66 Millionen Jahren, als ein gigantischer Asteroid auf der Erde einschlug. Wissenschaftler gehen davon aus, dass deswegen die Dinosaurier ausstarben und mit ihnen auch etwa 75 Prozent aller anderen damals verbreiteten Tierarten ausgelöscht wurden.

Funde waren zuletzt stark gefährdet

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Die Autoren des aktuellen Fachartikels vermuten, dass die Dinosaurier im bolivianischen Hochland ihre Klauen in den matschigen Boden eines einstigen Sees pressten, kurz bevor der Wasserspiegel stieg. Das würde erklären, warum die Spuren so gut erhalten sind. Nachdem die Fußabdrücke so viele Millionen Jahre überdauern konnten, waren sie in jüngerer Vergangenheit allerdings durch menschliche Aktivitäten mitunter stark gefährdet.

Viele Jahrzehnte bauten Bewohner der Region Mais und Weizen auf den von Dinosaurier-Spuren gesäumten Plateaus an. Nicht weit entfernt nahmen die Arbeiter eines Steinbruchs wenig Rücksicht auf die fossilen Funde, als sie Gesteinsschichten sprengten, um Kalkstein zu gewinnen. Und vor gerade einmal zwei Jahren wäre laut Angaben der Forscher durch Straßen- und Tunnelbauarbeiten beinahe ein sehr wichtiges Fundgebiet vernichtet worden, wenn die Nationalparkverwaltung nicht interveniert hätte.

Dinosaurier auf dem Durchmarsch

Trotz der außergewöhnlichen Häufung von Fußabdrücken sind rings um Torotoro bisher so gut wie gar keine Knochen von Dinosauriern gefunden worden. Die Forscher sehen dies - in Kombination mit der Tatsache, dass sich die Abdrücke alle in derselben Sedimentschicht befinden - als Zeichen dafür, dass die Dinosaurier in dem Gebiet womöglich gar nicht für längere Zeit lebten, sondern eher auf dem Durchmarsch waren, auf einer Route zwischen dem Süden Perus und und dem Nordwesten Argentiniens.

Die Bandbreite der Größen der Fußabdrücke lässt darauf schließen, dass sich bis zu zehn Meter hohe Kreaturen in Herden gemeinsam mit vergleichsweise winzigen Theropoden von der Größe eines heutigen Huhns fortbewegten. Die Spuren würden dabei «offenbaren, was Skelette nicht offenbaren können», sagt Anthony Romilio, ein Paläontologe von der University of Queensland in Australien, der ebenfalls nicht an der Studie beteiligt war. Anhand der Abdrücke könnten Experten erkennen, wo die Dinosaurier eher geschlendert und wo sie beschleunigt, wo sie angehalten und wo sie kehrtgemacht hätten.

Spekulationen über Hintergründe

Viele Fragen sind derweil noch offen - nicht zuletzt die, warum so viele Dinosaurier ausgerechnet in jenem Gebiet im heutigen Bolivien unterwegs waren. "Es könnte sein, dass sie alle regelmäßige Besucher eines einstigen Süßwassersees waren; dass sie sich an dessen weitläufigem, schlammigem Ufer aufhielten", sagt Romilio. Aus Sicht von Biaggi wäre es auch möglich, dass die Riesenechsen vor irgendetwas geflüchtet oder auf der Suche nach neuem Lebensraum gewesen seien.

Ziemlich sicher scheint derweil, dass die paläontologische Forschung in der Region noch lange nicht abgeschlossen ist. "Ich vermute, dass das im Laufe der Jahre weitergehen wird", sagt Biaggi. Er gehe davon aus, dass unmittelbar an den Rändern der Gebiete, die bereits erforscht seien, auch noch viele weitere Fußabdrücke von Dinosauriern auftauchen würden.

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